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Zum Thema Erbrecht
- Bei teilmittellosem Nachlass: Die Vergütung des Nachlasspflegers hat Vorrang vor den Gerichtskosten
- Erbe trotz Scheidung: Ohne weitere Regelungen besteht vor Heirat festgelegte Erbeinsetzung weiter
- Gemeinschaftliches Testament: Was zum wirksamen Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung beachtet werden muss
- Konkrete Todeszeitpunkte fehlen: Gesetzliche Vermutung des gleichzeitigen Versterbens eines Ehepaars
- Namenlose Erben: Grundbuchamt darf auf Vorlage eines Erbscheins bestehen
Der Bundesgerichtshof (BGH) musste einen seit längerem in der Rechtsprechung bestehenden Streit entscheiden. Die zu klärende Frage war, in welcher Rangfolge die Vergütung des Nachlasspflegers im Verhältnis zu den Gerichtskosten bei einem teilmittellosen Nachlass steht. Bei einem solchen Nachlass liegt zwar ein Aktivvermögen vor, das insgesamt aber nicht ausreichend ist, um sämtliche Nachlassverbindlichkeiten abzudecken.
Im konkreten Fall bestand der Aktivnachlass aus einem Guthaben in Höhe von etwa 1.400 EUR. Der vom Gericht eingesetzte Nachlasspfleger rechnete seine Vergütung auf der Basis von etwa 1.377 EUR ab. Die Gerichtskosten beliefen sich auf 200 EUR. Das zuvor mit dem Fall befasste Hanseatische Oberlandesgericht war der Ansicht, dass sowohl die Kosten des Nachlasspflegers als auch die Gerichtskosten gleichrangig behandelt werden müssten, was zu einer Kürzung der Vergütung des Nachlasspflegers geführt hätte. Die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde des Nachlasspflegers war jedoch erfolgreich.
Der BGH entschied nämlich, dass bei einem teilmittellosen Nachlass die Vergütung des Nachlasspflegers Vorrang vor den Gerichtskosten hat. Zur Begründung führt der BGH aus, dass der Gesetzgeber für den Fall, dass er einen Gleichrang berücksichtigt wissen will, hierfür eine gesetzliche Regelung schaffen müsse. Aus dem derzeitigen Wortlaut des Gesetzes ergebe sich hingegen ein Vorrang der Vergütung des Nachlasspflegers, der seine Vergütung daher auch in voller Höhe erhält.
Hinweis: Reicht bei einem teilmittellosen Nachlass dieser nicht vollständig aus, um die der Höhe nach berechtigte Vergütung des Nachlasspflegers abzudecken, erhält dieser den Restbetrag aus der Staatskasse.
Quelle: BGH, Beschl. v. 24.07.2024 - IV ZB 8/23
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 11/2024)
Eine letztwillige Verfügung unter Ehegatten wird unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tod des Erblassers aufgelöst worden ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich aber mit dem besonderen Fall beschäftigen, in dem die später geschiedenen Eheleute bereits mehrere Jahre vor ihrer Eheschließung einen gemeinsamen Erbvertrag abgeschlossen und dabei etwas Wichtiges vergessen hatten.
Die beiden hatten zwar Regelungen sowohl für den Fall der Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft als auch für die Möglichkeit ihrer Eheschließung und Scheidung für das mitbeurkundete Erwerbsgeschäft einer Immobilie bedacht - bei der wechselseitigen Erbeinsetzung wurden entsprechende Überlegungen oder Regelungen jedoch nicht weiter ausgeführt. Als seine Ex-Gattin verstorben war, stellte sich für den Mann nun die Frage, ob er zum Alleinerben seiner von ihm geschiedenen Frau geworden sei.
Der BGH kam in dieser Konstellation nun zu dem Ergebnis, dass die Erbeinsetzung des Ex-Ehepartners nicht automatisch deshalb unwirksam wird, weil die Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Erbvertrags nicht verheiratet oder verlobt waren. Auch fehlende Anhaltspunkte, die einen übereinstimmenden Willen erkennen lassen, dass die Erbeinsetzung im Fall einer späteren Heirat und Scheidung entfallen soll, sprechen dabei nicht für eine beabsichtigte Unwirksamkeit. Trotz rechtskräftiger Scheidung der Ehe wurde die verstorbene Erblasserin daher von ihrem Ex-Mann allein beerbt.
Hinweis: Wird ein Erbvertrag nach der Eheschließung beurkundet, wird gesetzlich vermutet, dass die Erbeinsetzung deshalb erfolgte, weil es sich gerade um den Ehepartner handelt. Greift diese Vermutungsregelung nicht, weil die Beteiligten zu diesem Zeitpunkt weder verheiratet noch verlobt waren, muss im Zusammenhang mit einer Scheidung daran gedacht werden, die bisherigen letztwilligen Verfügungen aufzuheben oder abzuändern.
Quelle: BGH, Beschl. v. 22.05.2024 - IV ZB 26/23
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 11/2024)
Auch die wechselbezüglichen Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testaments sind nicht in Stein gemeißelt. Doch wie es das Wort "wechselseitig" bereits vermuten lässt, müssen beide Seiten auch bei Änderungen involviert werden. Das Oberlandesgericht Celle (OLG) musste sich in einem Rechtsstreit über eine Nachlasspflegschaft mit der Wirksamkeit eines Widerrufs beschäftigen.
Die Eheleute hatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt. Noch zu Lebzeiten hatte die Ehefrau dann ein weiteres Einzeltestament erstellt und eine dritte Person als Alleinerben benannt. Dem Ehemann wurde der Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments in Form einer beglaubigten Abschrift der notariellen Beurkundung zugestellt, doch erst zwei Monate nach dem Tod der Erblasserin wurde ihm zudem eine Ausfertigung der Widerrufserklärung zugestellt. Beides reichte nach Ansicht des OLG Celle nicht aus.
Eine wechselbezügliche Verfügung in einem gemeinschaftlichen Testament kann nach Ansicht des OLG nur dann wirksam erfolgen, wenn dem anderen Ehegatten eine Ausfertigung der notariellen Widerrufserklärung zugestellt wird. Eine bloße beglaubigte Abschrift reiche hier nicht aus. Nach dem Tod der Erblasserin erfolgte zwar die Zustellung einer Ausfertigung der Widerrufserklärung - jedoch zu spät, um noch eine rechtliche Wirkung zu erzielen. Es verblieb daher bei der Erbfolge aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments der Eheleute.
Hinweis: Die notariell beurkundete Erklärung - hier der Widerruf der wechselbezüglichen Erklärung - liegt grundsätzlich in der Urschrift der Beurkundung. Im Rechtsverkehr wird sie ersetzt durch eine sogenannte Ausfertigung, während eine beglaubigte Abschrift nur die Übereinstimmung mit der Urschrift bestätigt, nicht aber die Willenserklärung selbst darstellt.
Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 05.06.2024 - 6 W 56/24
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(aus: Ausgabe 11/2024)
Die Frage nach dem Todeszeitpunkt kann gerade bei Eheleuten, die sich wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt haben, eine wichtige Rolle spielen. Was passiert, wenn nicht sicher festgestellt werden kann, wann genau ein Erblasser verstorben und wer Erbe nach dem Verstorbenen geworden ist, musste das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) bewerten.
Ein Mann und seine mit ihm verheiratete Frau waren im Zeitraum von mehreren Tagen verstorben. Zunächst stellte das zuständige Amtsgericht Ermittlungen an, um die konkreten Todeszeitpunkte herauszufinden. Doch auch nach Einholung eines rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens konnte nicht sicher festgestellt werden, auf wann genau der jeweilige Todeszeitpunkt von Mann und Frau zu datieren sei. Daher ergab sich aus der gesetzlichen Vermutung die Annahme, dass beide Eheleute gleichzeitig verstorben seien.
Das OLG hat in dem diesbezüglichen Beschwerdeverfahren entschieden, dass im Zweifel davon auszugehen ist, dass die Eheleute, die keine gemeinsamen Kinder haben, gleichzeitig verstorben sind, und verweist hierzu auf eine Regelung aus dem Verschollenheitsgesetz. Die Erblasser wurden daher von ihren jeweiligen gesetzlichen Erben beerbt.
Hinweis: Nach dem Verschollenheitsgesetz besteht eine rechtliche Vermutung, dass mehrere Personen gleichzeitig verstorben sind, wenn nicht bewiesen werden kann, dass eine Person die andere überlebt hat. In einem solchen Fall kann keine der beteiligten Personen die andere beerben.
Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.09.2024 - 14 W 95/23
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 11/2024)
Wer sich zu Lebzeiten im Zuge seines letzten Willens mit Vor- und Nacherben beschäftigt, beugt vor. Doch die Namen der Enkelkinder sind im Folgenden ein gutes Beispiel dafür, trotz guter Vorsorge nicht alles vorhersagen zu können. Das Kammergericht (KG) in Berlin musste sich damit befassen, was Nacherben machen müssen, um als solche anerkannt zu werden, wenn sie nicht namentlich im Testament benannt wurden.
Der bereits im Jahr 1980 verstorbene Erblasser hatte in einem notariellen Testament aus dem Jahr 1978 seine namentlich benannten Kinder als Vorerben und deren namentlich nicht benannten Kinder als Nacherben eingesetzt. Eben diese Nacherben beantragten nun beim zuständigen Grundbuchamt die Änderung der Eigentumsverhältnisse nach dem Tod der Vorerben. Das Grundbuchamt war der Ansicht, dass die Nacherben hierzu einen Erbschein vorlegen müssen. Gegen diese Zwischenverfügung des Grundbuchamts legten die Nacherben Beschwerde ein.
Das KG bestätigte jedoch, dass in den Fällen, in denen in einer öffentlichen Verfügung von Todes wegen namentlich nicht bezeichnete Kinder als Erben bestimmt werden, das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins oder eines europäischen Nachlasszeugnisses verlangen könne. Die Vorlage von Geburtsurkunden und eidesstattliche Versicherungen reichten hingegen nicht aus, um die Erbfolge nachzuweisen. Mit den Geburtsurkunden könne nur der Nachweis erbracht werden, dass die Nacherben Kinder des Vorerben sind. Ein Nachweis darüber, dass es nicht auch noch andere Kinder nach dem Vorerben gibt, kann hingegen dadurch nicht geführt werden.
Hinweis: Im Gegensatz zum Grundbuchamt ist das Nachlassgericht befugt, eine eidesstattliche Versicherung mit dem Inhalt, dass die Erklärenden die einzigen Kinder des Erblassers sind, entgegenzunehmen und zu berücksichtigen.
Quelle: KG, Beschl. v. 09.07.2024 - 1 W 27/24
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 11/2024)